Sie haben Panik, wenn Sie einen Fahrstuhl benutzen müssen – Ihr Hund kann nicht alleine bleiben! Das Problem Angst…
Wölfe sind Rudeltiere, die in einem festen Sozialverband zusammenleben. Der enge Kontakt zu Artgenossen ist für sie lebenswichtig. Im Laufe der Domestikation vom Rudeltier Wolf zum Einzel-Hund hat der Mensch die für den Hund so wichtige Rolle des Sozialpartners eingenommen. Das Getrenntsein von seinem „Rudel“, also den Menschen mit denen er zusammen lebt, verursacht bei jedem Hund Stress und Angst. Je nach Temperament kann dies ertragen werden oder unterschiedlichste Reaktionen auslösen: Neben dem allgemein bekannten stundenlangen lauten Bellen, Heulen und Jaulen oder Türkratzen, kann es auch zu Kot- und Urinabsatz in der Wohnung oder zur Zerstörung der Einrichtung kommen.
Inhalt
Welches Training hilft gegen Trennungsangst?
Wird das anhaltende Winseln und Bellen (zum Ärger der Nachbarschaft) durchaus als Ausdruck eines Unglücklichseins des Hundes mit seiner Situation interpretiert und als unvermeidlich akzeptiert, so sind die weitergehenden Reaktionen des Tieres für den Besitzer i.d.R. weder nachvollziehbar, noch akzeptabel. Dieses Fehlverhalten des Hundes sollte keinesfalls bestraft werden, vielmehr muss versucht werden, den Hund aus seiner extremen Leidenssituation zu befreien! Es handelt sich bei diesem Verhalten weder um einen “Racheakt” des Tieres – Hunde kennen keine Rache – noch zwangsläufig um einen Erziehungsfehler seitens des Halters, sondern vielmehr um ein medizinisches Krankheitsbild!
Besonders häufig von Trennungsangst betroffen sind Hunde, die
- aus dem Tierheim kommen
- allgemein ängstliche Hunde, vor allem nach Besitzerwechsel oder Änderung der Lebensumstände (Umzug, Scheidung, Partner- wechsel etc.)
- Hunde, die als Welpen / Junghunde nicht an das „Alleinbleiben“ gewöhnt wurden.
Für Hunde mit Trennungsangst sind folgende Verhaltensweisen besonders typisch und leicht zu beobachten:
- Sie sind während der Anwesenheit des Besitzers besonders anhänglich und liebebedürftig. Sie versuchen, ihrem Menschen überallhin zu folgen (Bad, Toilette, Briefkasten, Keller) und reagieren unruhig, wenn ihnen das nicht gelingt. Sie kommen nur zur Ruhe, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe, mindestens mit Blickkontakt zum Besitzer niederlegen können.
- Sie geraten sofort in Aufregung, wenn sich der Besitzer darauf vorbereitet, das Haus zu verlassen und versuchen, mitgenommen zu werden, indem sie sich u.U. in die Tür stellen oder auf Tasche oder Mantel legen.
- Sie reagieren während der Abwesenheit der Besitzer mit
- Lautäußerungen, wie langanhaltendem Bellen, Jaulen oder Heulen etc.,
- Unsauberkeit mit Kot- und/oder Urinabsatz in der Wohnung, teils heftigen Durchfällen
- Destruktivem Ver- halten, wie z.B. Entleeren von Papierkörben, Zerkauen von Schuhen, Schrankecken, Tapeten etc.In Fällen größerer, panikartiger Angst versuchen die Hunde um jeden Preis die Wohnung oder den Käfig zu verlassen, zerkratzen Türrahmen und Türe, reißen Teppichboden heraus oder versuchen irgendwie durchs Fenster zu gelangen. Sie verausgaben sich dabei oftmals bis zur körperlichen Er- schöpfung.
- Fressunlust, so dass für die Zeit der Abwesenheit hinterlassenes Futter und Lecker- bissen nicht angerührt werden.
- Erhöhtem Speichelfluss, oftmals so heftig, dass man regelrecht Pfützen finden kann, da Speichel völlig unkontrolliert in großer Menge aus dem Fang getropft ist. Manche Hunde beginnen zu zittern, die Pulsfrequenz ist deutlich erhöht, die Pupillen erweitert.
- Unruhe, verbunden mit ständigem Hin- und Herlaufen im Zimmer. Typischerweise werden all diese – unerwünschten – Verhaltensweisen von den Hunden nie bei Anwesenheit der Besitzer gezeigt. Manche Tiere zeigen nur eines dieser Symptome, andere auch Kombinationen. Die Toleranz bezüglich der Dauer des Alleinseins variiert von Hund zu Hund: einige beginnen, sobald die Tür geschlossen wurde, andere erst nach 20 Minuten.
- Stürmischer und überschwänglicher Begrüßung bei der Rückkehr des Besitzers oder
- niedergeschlagener Stimmung und geduckter Haltung, was häufig als „schlechtes Gewissen“ missgedeutet wird.
Starke Trennungsangst durch Therapie überwinden
Alle oben beschriebenen Auffälligkeiten, allein oder auch in Kombination, können sowohl organische als eben auch psychische Ursachen haben. Deshalb ist es wichtig, dass Sie, wenn Sie eines oder mehrere Symptome bei Ihrem Hund erkannt haben, Ihr Tier in Ihrer Tierarztpraxis vorstellen. Ihre Tierärztin / Ihr Tierarzt ist in der Lage, zu entscheiden, ob eine therapiebedürftige Erkrankung bei Ihrem Hund vorliegt. Trennungsangst ist kein „Tick“ Ihres Tieres mit dem Sie leben müssen, vielmehr befindet sich Ihr Hund in einer extremen Leidenssituation, die Sie nicht dadurch abschwächen können, dass Sie die Stress-Kompensationsmechanismen Ihres Tieres tolerieren.
Auch wenn Tierärzte heute über moderne, die Psyche des Hundes beeinflussende Medikamente verfügen, so können Psychopharmaka allein Ihrem Hund nicht helfen. Um einem Hund mit Trennungsangst dauerhaft zu helfen bedarf es in den meisten Fällen einer intensiven Beratung und auch der Hilfe durch eine/n erfahrene/n Tierärztin / Tierarzt der Verhaltenstherapie.
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