Wie viel Freilauf sollten Hunde haben?

Freilauf ohne Grenzen – ein Auslaufmodel? Gesetze und Verordnungen, bereits bestehend oder geplant, erschweren zunehmend die artgerechte Haltung des Hundes als Haustier. Ein besonderes Problem der Hundehaltung ergibt sich aus der immer weiterreichenden Beschneidung des Freilaufs. Der vom Langstreckenläufer Wolf abstammende Hund verfügt über ein Bewegungsbedürfnis, das zwar individuell unterschiedlich stark ausgeprägt, dem menschlichen Bewegungsdrang in jedem Fall aber überlegen ist.

Gibt es Hundeauslaufgebiete in Ihrer Nähe?

Der Gesetzgeber verspricht gern, dem berechtigten Bewegungsdrang der Hunde dadurch Rechnung zu tragen, dass er sog. Hundeauslaufgebiete schaffen will. Leider bleibt es, wie die jüngste Vergangenheit in Berlin zeigt, einerseits bei der bloßen Abgabe von Absichtserklärungen, anderseits gibt es aber auch keine Kriterien für die Beschaffenheit derartiger Hundbegegnungs- und -auslaufflächen. Folgende Grundanforderungen sollten für Hundeauslaufgebiete gelten:

Hunde benötigen zur artgerechten Haltung ausreichend Beschäftigung und Bewegung. Der Zeitaufwand hierfür ist abhängig von Alter und Gesundheitszustand. Für einen erwachsenen gesunden Hund kann ein aktiver Spaziergang von ca. 2 Stunden pro Tag plus zwei bis drei kurze Runden zur Verrichtung der Geschäfte als angemessen betrachtet werden. Die kurzen Runden stellen auch für Hundebesitzer in der Stadt in der Regel kein großes Problem dar. Jeder Hundebesitzer sollte lediglich auf das konsequente Einsammeln der Hundehaufen achten. Bei Rüden sollte zusätzlich vorausschauend berücksichtigt werden, dass sie nicht an abgestellten Fahrrädern und anderen Gebrauchsgegenständen das Bein heben.

Wie viel Auslauf braucht mein Hund?

Ein großes Problem stellt für Hundebesitzer die Möglichkeit für einen aktiven Spaziergang mit ihrem Hund dar. Nur lange Zeit an einer kurzen Leine spazieren zu gehen, lastet keinen Hund befriedigend aus. Hinzu kommt, dass die erlebbare Reizvielfalt durch die Leine für den Hund auf ein Minimum eingeschränkt wird. Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Auswahl erlebnisrelevanter Reize durch den primär optisch orientierten Hundehalter im Unterschied zum primär geruchsorientierten Hund. Hinzu kommt, dass durch die Leine Kontakte zu Artgenossen zumindest erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werden. Erst die aktive Beschäftigung mit seinem Besitzer und ausgiebiger Freilauf mit der Möglichkeit eigener Reizauswahl und ausreichender Spielmöglichkeit mit anderen Hunden erfüllen die Kriterien artgerechter Hundehaltung.

Unarten beim Hund vermeiden

Die Liste von Unarten, die durch mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen können, ist lang. Und man gerät mit solchen Hunden leicht in einen Teufelskreis: Die durch mangelnde Auslastung entwickelten Unarten versucht man durch erzieherische Maßnahmen und kürzere Leinen zu korrigieren. Der Hund jedoch weiss nicht wohin mit seiner Energie und kann sich nicht konzentrieren. Durch die zunehmenden Einschränkungen verstärkt sich außerdem das Grundübel der Unterbeschäftigung. Der Hund wird immer schwieriger zu händeln und schwerer für Erziehungsmaßnahmen zugänglich.

Als Rudeltier muss einem Hund zur artgerechten Haltung und zur Erlangung der vom Menschen ja gewünschten Sozialverträglichkeit (!) die Möglichkeit zu Sozialkontakten mit Artgenossen geboten werden. Es genügt nicht, den Hund an der Leine hängend kurz an einem anderen schnüffeln zu lassen. Ohne Leine oder Maulkörbe gehinderte Begegnungen sind zur Erhaltung angemessener Verhaltensweisen für Hunde mit einem guten Sozialverhalten notwendig.

Wie lernt mein Hund ein gutes Sozialverhalten?

Die Grundlage für gutes Sozialverhalten muss bereits in der Welpenzeit gelegt werden. Dies beginnt bereits an der Aufzuchtsstelle, also beim Züchter. Die Aufzucht in noch so modernen Zwingeranlagen ist abzulehnen. Die heranwachsenden Welpen sollten in der Wohnung des Züchters großgezogen werden, um so von klein auf eine maximale Prägung auf ihren späteren Sozialpartner, den Menschen zu erfahren.

Ein Welpe sollte nach der Abgabe an seine Besitzer mindestens ein- bis zweimal pro Woche Spielmöglichkeiten mit gleichaltrigen Welpen verschiedener Rassen haben. Praktisch erscheint es, die Hunde einfach lange im Wurf zu belassen. Würde ein Hund in seinem Leben nur Kontakte mit der eigenen Rasse haben, könnte dies genügen. Da Hunde aber in der Regel im Laufe ihres Lebens auf viele verschiedene Hundetypen treffen, müssen sie darauf bereits in der Sozialisierungsphase vorbereitet werden. Die Rassenvielfalt und damit die Unterschiede der Ausdrucksmöglichkeiten sind groß, so dass Hunde dies erlernen müssen.

Welpen auch an ältere Hunde gewöhnen

Der Kontakt mit älteren Hunden ist auch für Junghunde wichtig. Täglich sollten Welpen und Junghunde auf dem Spaziergang auf erwachsene Hunde treffen, so dass sie im Umgang mit dieser alltäglichen Situation Sicherheit erlangen. Hat ein Hund jeglicher Altersstufe nicht die Möglichkeit zu regelmäßigen freien Sozialkontakten, wird er unsicher im sozialen Umgang, was häufig zu defensiv-aggressivem Verhalten führt. Führt dies zu weiteren einschränkenden Maßnahmen seitens des Besitzers, so entsteht auch hier wieder ein Teufelskreis. Der Hund wird immer unsicherer und die Tendenz zu aggressiven Verhaltensweisen immer stärker.

Das Anwenden von sozialen Gesten muss also nicht nur im Welpenalter erlernt werden, sondern auch bei erwachsenen Hunden in regelmäßigen Kontakten geübt und gefestigt werden.

Voraussetzungen an ein geeignetes Hundeauslaufgebiet

Unter Berücksichtigung des Hundeverhaltens sollte ein Hundeauslaufgebiet Begegnungsmöglichkeiten mit Artgenossen und verschiedene Möglichkeiten an Beschäftigung für die unterschiedlichen Hundetypen und ihre Besitzer bieten. Eine gute Grundlage stellt ein Rundweg von ca. 6 km Länge dar. Er sollte zusätzliche Ausweichmöglichkeiten durch Abzweigungen bieten, die wieder auf den Hauptweg zurückführen. Dies ist notwendig, damit die Besitzer dem einen oder anderen Hund zur Konfliktvermeidung aus dem Weg gehen können. Eine ideale Variante stellt ein zusätzlicher äußerer Rundweg dar, der durch Querwege mit dem inneren verbunden ist.

Zusätzlich sollten zwei bis drei freie Flächen vorhanden sein, auf denen sich Hundehalter mit sich gut verstehenden Hunden in Spielgruppen zusammenfinden können. Unter Berücksichtigung von Rennspielen sollten die Flächen mindestens 1000 qm Grundfläche aufweisen, die dann zur selben Zeit 1 – 2 Gruppen von 5 – 6 Hunden Platz bieten.

Was sind gute Beschäftigungsmöglichkeiten für Hunde?

Als Beschäftigungsmöglichkeiten bieten sich verschiedene Geräte für Geschicklichkeitsübungen an. Diese ermöglichen nicht nur körperliche sondern auch geistige Beschäftigung und sind daher für die Hunde besonders wertvoll. Hierzu zählen Balanciermöglichkeiten, Stangen zum Slalomlaufen, Tunnel, Bretter auf stabilen Spiralen, Hängebrücken u. ä.. Die Geräte sollten vereinzelt entlang der Wege aufgestellt sein und nicht auf den Spielflächen. Somit verteilen sich die Beschäftigungsmöglichkeiten auf das gesamte Auslaufgebiet. Ideal ist das Vorhandensein einer Schwimmmöglichkeit, da durch Schwimmen eine intensive körperliche Betätigung ermöglicht wird. In gerader Linie sollten mindestens 30 Meter zurück- gelegt werden können, wobei mindestens auf 20 Meter eine Wassertiefe von 1,20 m erreicht werden sollte.

Hundebegegnungsgebiete in meiner Umgebung?

Abhängig von der Hundepopulation und den örtlichen Gegebenheiten sollten in jedem Falle Hundeauslaufgebiete so gewählt werden, dass sowohl ein Spaziergang als auch Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sind. Dadurch wird gewährleistet, dass Hundebesitzer diese Gebiete mit ihren Hunden aufsuchen und eine sinnvolle Nutzung erfolgt. Die Ausweisung entsprechender Auslauf- und Begegnungsflächen in jedem der Berliner Bezirke ist eine unabdingbare Grundvoraussetzung, um eine artgerechte Hundehaltung in der Stadt zu gewährleisten.

Jana Brinkmann-Werner
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